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In Memoriam Prof. Dr. Malte Steinbrink (geboren am 19.4.1971 in Kiel, gestorben am 4.5.2023 in Passau)

 

Mitten im Leben ist Malte gegangen. Es hätten noch viele erfolgreiche und belebende Jahre sein können, sein sollen. Er hatte noch so viele Pläne und Ideen. Doch dann ̶ wohl das Herz. Es wollte oder konnte nicht mehr. Schwer zu fassen. Sein plötzlicher und für alle unerwarteter Tod erfüllt uns mit großer Trauer.

Prof. Dr. Malte Steinbrinks akademische Laufbahn war eng mit der Universität Osnabrück verbunden. Hier verbrachte er mehr als zwei Jahrzehnte. Bereits während seines Studiums hatte er das Institutsklima mitgeprägt. Seine direkte, überaus präsente, humorvolle Art brachte ihm rasch Anerkennung und Zuneigung ein. Er war neugierig und seinen Mitmenschen gegenüber stets respektvoll – es sei denn, man begegnete ihm im Eifer des Gefechts als Gegner auf dem Fußballplatz.

Nach dem Studienabschluss als Diplomgeograph (2001) blieb Malte Steinbrink noch einige Jahre an der Universität Osnabrück. Hier wurde er 2008 mit Bestnote promoviert. In seiner Dissertation beschäftigte er sich mit Migration und Stadt-Land-Verflechtungen in Südafrika und legte damit viel beachtete Grundlagen für die Translokalitätsforschung in der deutschsprachigen Geographie. Seine Habilitation folgte 2015 ebenfalls in Osnabrück. Die kumulative Habilitationsschrift umfasste ein Themen- und Forschungsspektrum, das seine breiten Forschungsinteressen abbildet: Die eingebrachten Studien befassten sich unter der gewählten Mobilitätsperspektive mit dem Nexus von Migration und Entwicklung, Megaevents im Kontext von Stadtentwicklungsprozessen im südlichen Afrika und in Brasilien, dem Phänomen des Slum-Tourismus sowie der bibliometrischen Untersuchung von Wissensnetzwerken in der deutschsprachigen Geographie. Spätestens mit seinen innovativen Arbeiten zur Wissenschaftsbeobachtung wurde Malte Steinbrink auch weiteren Kreisen bekannt. Die umfänglichen und u.a. mit DFG-Mitteln geförderten Analysen des Zitationsverhaltens geographischer Autor:innen sowie ihre Visualisierungen in Form von eindrucksvollen Netzwerk-Abbildungen erregten einige Aufmerksamkeit und beförderten die (Selbst-)Reflexivität geographischer Wissensproduktion. Nach einer Vertretungsprofessur in Potsdam und einer Gastprofessur in Wien erhielt Malte 2018 den Ruf auf den Lehrstuhl für Anthropogeographie an der Universität Passau. Auch hier war er schnell bekannt, auf dem Wochenmarkt ebenso wie an der Universität.

Malte Steinbrink war ›Vollblutgeograph‹. Er liebte es, zu reisen und ›im Feld‹ zu sein. An das humboldtsche Ideal der Einheit von Forschung und Lehre hat Malte Steinbrink nicht nur geglaubt, er hat es gelebt. Ganz so, wie er bereits als Student seine Dozenten und Dozentinnen forderte, verlangte er später auch viel von seinen Studierenden. Regelmäßig entwickelten sich seine Lehrveranstaltungen zu kreativen, unkonventionellen Lehr-Forschungs-Projekten, in denen wissenschaftliche Neugier, Lust am Ringen um Argumente und der analytische Umgang mit empirischen Daten vermittelt, erprobt und kultiviert wurden. Ob es die Kartierung und theoriegestützte Auswertung der Verbreitung von Gartenzwergen in Kleingartenanlagen war, die Auswertung von Graffitis auf dem stillen Örtchen oder die teilstandardisierte Befragung von Slumtouristen in Südafrika: Mit Charme, Witz, Spontaneität und Scharfsinn zog er als Dozent Studierende in seinen Bann, mit seinem Tatendrang motivierte er sie zu Leistungen, die manche von sich selbst so nicht erwartet hatten. Nicht selten gingen aus seinen Lehrforschungsprojekten wissenschaftliche Publikationen (zusammen mit Studierenden) hervor. Wenn Malte eine Idee kam, musste er diese mit anderen teilen. Am liebsten draußen bei einer Zigarette. Die Gespräche, die sich dort entwickelten, waren immer inspirierend und oft der Anfang neuer gemeinsamer Projekte.

Malte Steinbrinks Leidenschaft waren die Menschen, die ihm begegneten, an der Universität, draußen im Feld oder in der Fußgängerzone. Weder in Osnabrück noch in Passau konnte man mit ihm durch die Stadt gehen, ohne dass er mit viel »Hallo«, »Moin« oder »Servus« Freunde und Bekannte traf, mit denen es immer etwas zu besprechen und belachen gab. Dabei war Malte stets für Überraschungen gut und bis auf die finale hatten eigentlich alle seiner Überraschungen Freude gemacht und etwas oder jemanden vorangebracht.

Wir werden ihn sehr vermissen!

Carsten Felgentreff, Andreas Pott (Osnabrück), Philipp Aufenvenne (Passau)

 

 

(Foto: Matthias Köhler – Universität Passau)